Baureihe 120

40 Jahre Baureihe 120: Die erste Serien-Drehstromlok der Welt

120 114-4 am 27. Mai 2003, Stuttgart-Hauptbahnhof
120 114-4 mit einem IC am 27. Mai 2003 am Hauptbahnhof Stuttgart

Kenntnisreich und wie immer gespickt mit vielen Insiderinformationen berichtete Mark beim Stammtisch am 28.02.2020 allerlei Wissenswertes über die Baureihe 120. Um dies auch Nichtbesuchern zugänglich zu machen, finden Sie hier nachfolgend zunächst eine kurze Zusammenfassung zum Vorbild, gefolgt von einer Betrachtung der Märklin-Modelle sowie einer Übersicht der am Stammtisch gezeigten Modelle diverser Hersteller.

Das Vorbild

- Planung und Prototypen

Geplant war die 120 als die Universallokomotive der DB mit einem Drehstrom-Asynchronmotor, geeignet sowohl für den schnellen Personenverkehr als auch für leichte, beschleunigte Güterzüge. Drehstrom selbst war bei der Bahn eigentlich nichts Neues: Bereits 1899 wurden erste Fahrzeuge mit Drehstrom bewegt, allerdings noch mit zwei- und dreipoligen Fahrleitungen. Erst in den 1960er Jahren konnte der Drehstrom dank Halbleitertechnik in den Fahrzeugen selbst erzeugt werden. Dies geschieht mittels eines Stromrichters. Intern ist das ein Gleichrichter, ein Gleichstromzwischenkreis und ein Wechselrichter. Diesem Funktionsprinzip folgen bisher alle Nachfolger. In den 1970er Jahren baute Henschel dieselelektrische Erprobungsträger, die Baureihe DE 2500. Im nächsten Schritt wurde der Generator und Dieselmotor aus einem der Fahrzeuge ausgebaut. Das Fahrzeug wurde fest mit einem Steuerwagen gekuppelt, der mit Stromabnehmer und Trafo ausgerüstet wurde. Im Grunde handelte es sich somit um ein zweiteiliges Drehstrom-Gespann, mit dem sehr erfolgreiche Tests durchgeführt wurden.

Man war dem Ziel näher gekommen, eine Universallokomotive für alle Bereiche zu entwickeln - was bereits in den 1950er Jahren mit der E 10 hätte erreicht werden sollen. Die Deutsche Bundesbahn vergab daher Entwicklungsaufträge an ein Konsortium bestehend aus BBC für den elektrischen Teil sowie für den Fahrzeugteil an eben Henschel, Krauss-Maffei und Krupp.

Von 1979 bis 1980, also vor genau 40 Jahren, wurden alle fünf Prototypen an die DB übergeben: 120 001 bis 005. Alle Loks wurden für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h zugelassen - bis auf 120 005, die neben einem tiefer gezogenen Knick an der Front auch über Dach- und Pufferverkleidungen verfügte sowie von Beginn an eine Zulassung für 200 km/h aufweisen konnte. Alle Loks trugen noch die klassische TEE-Farbgebung in purpurrot und elfenbeinbeige.

- Erprobung

Während der Antrieb und die elektrische Nutzbremse mit Energie-Rückspeisung ins Netz überzeugten, war dies bei den Transformatoren erst nach zahlreichen Verbesserungen im Laufe der etwa 4 Millionen Testkilometer der Fall. Bei Testfahrten konnten Geschwindigkeits-Weltrekorde für Drehstromfahrzeuge aufgestellt werden: Am 13.08.1980 erreichte 120 002 bei Celle 231 km/h, am 17.10.1984 konnte 120 001 den Rekord anlässlich der Vorstellung der neuen Baureihe nach nur drei Minuten Fahrtzeit auf 265 km/h verbessern. Die Entwicklungskosten der Prototype (Baureihe 120.0) lagen bei etwa 100 Millionen D-Mark.

- Serienmaschinen

1987 wurden die ersten Serien-Lokomotiven mit Drehstromantrieb (Baureihe 120.1) an die Deutsche Bundesbahn übergeben, insgesamt 60 Loks wurden bis 1989 ausgeliefert. Die erste abgenommene Lok war die von Thyssen-Henschel gebaute 120 103-7 am 28.08.1987, die letzte Abnahme erfolgte am 05.12.1989 (120 159-9, Krupp).

Von Beginn an waren diese Loks druckertüchtigt, um Probleme bei sich in Tunneln begegnenden Loks zu vermeiden - die Prototypen wurden nachgerüstet. Auch die Lackierung unterschied sich von den Vorserienmaschinen, denn gleich von Beginn an kam das neue Farbschema "orientrot mit weißem Lätzchen" zum Einsatz. Entgegen der ursprünglichen Planung wurde die 120 neben des Personenverkehrs nicht nur für leichte Güterzüge eingesetzt, sondern eben auch bei schweren. Speziell die Umlaufpläne mit schnellen Personenzügen tagsüber und schweren Güterzügen bei Nacht führten zu massiven Problemen hinsichtlich der Zuverlässigkeit, sogar Rahmenrisse waren nicht selten.

- Umbauten an Prototypen und Serienmaschinen

Die Prototypen waren zeitlebens wirklich nur Versuchsmaschinen, auch wenn sie zeitweise im Regelverkehr ausgeholfen haben. Sie trugen daher auch zeitweilig eine Bahndienstnummer (BR 752). Mit den ersten Erfahrungen der Serienloks wurde klar, dass es keine Nachfolgeserie in der angedachten Form geben würde. Die Entwicklung der Leistungselektronik schritt zu schnell voran. Ab 1990 nutze daher ABB-Henschel die Vorserie (hier die 004 und 005) zur Komponentenerprobung für eine verbesserte Nachfolge-Baureihe. Auch AEG bediente sich derer und nahm dazu die 002. Den umfassensten Umbau erfuhr dabei die 004, die somit als Prototyp der Baureihe 101 gelten kann.

Die Serienmaschinen wurden weitgehend nur der sicherungstechnischen Entwicklung angepasst, Stichwort CIR-ELKE. Aber dennoch wurden in Ermangelung einer anderen leistungsfähigen Baureihe im Jahre 2007 und 2010 insgesamt 8 Maschinen an DB Regio verkauft, die diese mit einem Nahverkehrspaket ausrüstete und fortan Doppelstockzüge damit bespannte. 5 Loks im Raum Rostock und 3 im Raum Aachen. Aber auch diese 120.2 sind inzwischen abgestellt.

DB Systemtechnik übernahm schon 2005 zwei Serienmaschinen, da inzwischen die Prototypen alle abgestellt (2002) waren, für Versuchs- und Messeinsätze. Diese bekamen eine neue Seriennummer (120.5) und später auch teilweise eine neue Lackierung (2013). Eine weitere Maschine gesellte sich dann ab 2016 dazu.

- Auslaufbetrieb

Inzwischen werden von DB Fernverkehr die übrig gebliebenen Fahrzeuge nur noch als Notreserve und für die Überführungszüge bereitgehalten. Von den Prototypen sind nur noch die letzten 3 erhalten. Von den Serienmaschinen sind schon zahllose abgestellt und teilweise verschrottet. Zwei der 120.2 wurden an ein privates EVU veräußert.

 

Märklin-Modelle

- 1980 - 2003: Kunststoffgehäuse, diverse Motoren 

Bereits 1980 erschien bei Märklin das erste Modell einer Baureihe 120: Die 120 001-3 mit der Artikelnummer #3153. Das Modell entsprach den Grundsätzen der damaligen Märklin-Philosophie: Fahrwerk aus Zinkdruckguss, dreipoliger Analogmotor mit Relais, Glühlampen als Steckbirnen, Kunststoffgehäuse. Dem Vorbild entsprechend hatte das Modell nur eine Dachleitung, die beiden zusätzlichen Dachleitungen für den Hochspannungsfilter fehlten. 1990 wurden auch die Modelle mit der gleichen Artikelnummer dahingehend nachgerüstet. 

Im Laufe der Zeit wurden die Modelle auf dieser Basis modifiziert: Ab 1985 kamen die ersten Modelle in der neuen Digitaltechnik mit Dekoder #6080 (Artikelnummer #36xx) sowie Modelle mit 5poligem Antrieb und elektronischem Umschalter (#35xx). Ab 1988 wurden die Analogmodelle generell mit dem elektronischen Umschalter ausgestattet (#33xx). 1995 war es dann Zeit für die nächste Evolutionsstufe: Aus "analog" wurde "Delta" mit dem Gleichstrom-Decoder #6081 (c81), womit auch diese Fahrzeuge mehrzugfähig wurden. Zeitgleich wurde der alte Wechselstrom-Digitaldecoder #6080 (c80) durch den neuen #6090 (c90) ersetzt, dieser trieb wiederum Gleichstrommotoren und war jetzt lastgeregelt. Vergesslich war er wie der alte c80, nach Neustart fuhren diese Loks immer in der Vorzugsichtung los.

- 2001 - 2016: Metallgehäuse, Hochleistungsantrieb mit Digitaldecoder fx/mfx 

Im Jahr 2001 gab es die erste große Änderung. Fanden zuvor nur Modernisierungen hinsichtlich der Antriebe statt, wurde nun erstmalig bei den Modellen #37537 und folgend ein Metallgehäuse bei den 120ern ausgerollt. Möglich wurde dies durch ein Verfahren, mit dem man die Werkzeuge der Kunststoffgehäuse adaptieren konnte. Dazu kam auch die Umstellung auf den neuen Digitaldecoder #60902 (fx), der bereits im Modell #37536 (noch mit Kunststoffgehäuse) verbaut wurde und nun mit Licht- und Geräuschfunktionen (Lokpfeife) glänzen konnte. Es kamen erstmals wartungsfreie LEDs mit rotem Zugschluss zum Einsatz sowie ebenfalls mit LEDs beleuchtete, gestaltete Führerstände. Verbaut wurde der 5polige Hochleistungsantrieb auf zwei Achsen mit Haftreifen, Anfahr- und Bremsverzögerung war einstell- und digital schaltbar.

2008 kam dann die nächste Neuerung: Aus den fx-Decodern wurde im Modell #37485 Märklin mfx. Die Decoder meldeten sich selbstständig an den neuen Zentralen #6021x an, der volle Funktionsumfang wurde angezeigt und sämtliche Funktionen waren mit Symbolen gekennzeichnet bequem ein- und ausschaltbar. Dazu kam im Soundbereich noch eine Bahnhofsansage, bei späteren Modellen auch das E-Lok-Fahrgeräusch, Bremsenquietschen, Schaffnerpfiff etc.

Ab 2017: Metallgehäuse, Mittelmotor mit Digitaldecoder mfx+ 

Als eine der Sommerneuheiten 2017 kam die bis dato letzte Evolutionsstufe der 120 von Märklin: Fahrgestell und Aufbau wie zuletzt aus Metall, nun aber mit DCC-fähigen mfx+-Decodern mit bis zu 32 Funktionen sowie erstmalig Drehgestelle mit Kurzkupplungen und Kulissenführung. Und nicht nur die Kulissenführung war etwas ganz Neues in der 120: Märklin verließ seine Philosophie mit dem über Jahrzehnte bewährten, aber relativ geräuschvoll und bisweilen ruckelig laufenden Antrieb auf nur ein Drehgestell. Der Motor war nun mittig angeordnet und alle vier Achsen der beiden Drehgestelle waren ab sofort angetrieben.

 

Übersicht der Loks beim Stammtisch

Hersteller

Artikelnummer

Betriebsnummer

Besonderheiten

Märklin

3153

120 001-3

purpurrot/elfenbein, DB, umgebaut auf HLA

Märklin

37485

120 001-3

purpurrot/elfenbein, DB, Wappen Nürnberg

Märklin

3353

120 002-1

purpurrot/elfenbein, DB, Wappen 150 J. Eisenbahn und Fürth

Märklin

3754

120 002-1

orienrot, DB, AEG

Märklin

31014

120 003-9

ozeanblau/beige, DB, Messelok Nürnberg 2014

Märklin

3348

120 003-9

purpurrot/elfenbein, DB, 3 Dachleitungen

Märklin

37537

120 004-7

purpurrot/elfenbein, DB

Märklin

37537

120 004-7

purpurrot/elfenbein, DB, Innenleben der 37543

Piko

51321

120 005-4

purpurrot/elfenbein, DB, Führerpult beleuchtet

Märklin

3173

120 104-5

blau, DB, Aprilscherzlok

Märklin

3654

120 104-5

orientrot, DB

Märklin

29835

120 110-2

orientrot, DB AG, "Nett hier"

Märklin

37536

120 114-4

verkehrsrot, DB AG

Märklin

37535

120 119-3

hellblau, DB AG, "Micky Maus"

Märklin

37536

120 123-5

verkehrsrot, DB AG, "Nett hier"

Märklin

37531

120 129-2

hellblau, DB AG, Weihnachtslok

Märklin

3754

120 135-9

IC-Lackierung, DB AG

Märklin

37532

120 139-1

hell, DB AG, "Teun Hocks", "Die Bahn verbindet"

Märklin

37529

120 140-9

verkehrsrot, DB AG, Mittelmotor neu, msd/3 Dekoder

Märklin

37533

120 141-7

weiß/grün, DB AG "DIT"

Märklin

37534

120 151-6

blau, DB AG, "ZDF express"

Märklin

37530

120 159-9

schwarz, DB AG, "150 Jahre Märklin"

Märklin

37542

120 159-9

silber/gold, DB AG, "175 Jahre Bahn bewegt"

ACME

65379

120 208-4

verkehrsrot, DB AG, beleuchteter Zugzielanzeiger im Fenster

Lima

208412

127 001-6

silber/magenta, Prototyp Siemens EuroSprinter,
baugleich Electrotren, Mehano und Rivarossi

Mehano

3666

127 001-6

silber/magenta, Prototyp Siemens EuroSprinter,
baugleich Electrotren, Lima und Rivarossi

Märklin

37382

128 001-5

weiß, Prototyp 12X, "unicef"

Märklin

37383

128 001-5

weiß, Prototyp 12X, "ADtranz"

Jägerndorfer

16070

1063 007-7

verkehrsrot mit Pflatsch, eckige Puffer

Jägerndorfer

16020

1063 044-0

verkehrsrot mit Pflatsch und Lätzchen, eckige Puffer

Referent: Mark Kaipl
Recherche: Michael Kos
Datum: 12.05.2020